Kennen Sie diese Situation? In Ihrem Verein sprudeln die Ideen nur so. Doch es fehlen kreative Ansätze, um ausreichend Freiwillige zu finden, die diese Ideen umsetzen.  Vielleicht aber lastet auch ein Grossteil der Arbeit auf wenigen Schultern äusserst Engagierter. Und Sie fragen sich, wer in Zukunft diese „tragenden Säulen“ ersetzen kann.

Unsere Praxiserfahrung zeigt: Die Suche nach qualifizierten und engagierten Freiwilligen wird zunehmend zur Herausforderung. Doch mit einem systematischen Freiwilligenmanagement können talentierte und motivierte Menschen gewonnen und langfristig gebunden werden.

In diesem Artikel stellen wir Ihnen in 10 praktischen Schritten einen Leitfaden vor, um Freiwillige zu finden und effektiv ins Team zu integrieren.

1. Verschaffen Sie sich einen Überblick über Aufgaben, Initiativen und Projekte

Manchmal verliert man vor lauter Arbeit den Überblick, wo man beginnen soll. Gerade wenn Sie „vor lauter Wald die Bäume nicht mehr sehen“, ist es entscheidend, zuerst Ordnung zu schaffen. Gliedern Sie Ihre Auslegeordnung wie folgt:

  • Welche permanenten bzw. wiederkehrenden Aufgaben stehen an, die durch Freiwillige erledigt werden müssten?
  • Welche einmaligen Tätigkeiten, Initiativen oder Projekte sind geplant?

Diese Unterscheidung ist hilfreich und wichtig. Projekte weisen im Vergleich zu Initiativen oder einzelnen Massnahmen oft eine höhere Komplexität auf. Zudem haben sie verschiedene Abhängigkeiten und benötigen eine eigene Projektorganisation. Des Weiteren erfordern Projekte eine grössere Ressourcenbindung und haben eine längere Laufzeit.

Für diese erste Analyse und die Folgeschritte lohnt es sich, eine kleine Arbeitsgruppe innerhalb Ihrer Organisation zu bilden. Dadurch werden alle relevanten Aspekte im Freiwilligenmanagement berücksichtigt, und Betroffene werden frühzeitig zu Beteiligten. Halten Sie die Resultate schriftlich fest, um Klarheit und Verbindlichkeit zu schaffen.

2. Priorisieren Sie die Aktivitäten

Wenn Sie nach der Auslegeordnung eine Fülle an „To-do’s“ vor sich haben, priorisieren Sie. Nutzen Sie das bewährte zweidimensionale Raster mit den Kategorien „Wichtigkeit“ und „Dringlichkeit“ zur Einordnung. Beachten Sie auch mögliche zeitliche und/oder inhaltliche Abhängigkeiten zwischen den Aktivitäten bei der Priorisierung.

3. Definieren Sie „Arbeitspakete“ für die Freiwilligen

Als nächstes legen Sie fest, wie die Aktivitäten in Arbeitspakete aufgeteilt werden sollen. Beachten Sie zwei Fragen dabei:

  • Macht eine inhaltliche Aufteilung Sinn? Ein Arbeitspaket sollte attraktiv sein. Nur so gewinnen Sie passende Freiwillige, die Freude an ihrer Aufgabe haben. Berücksichtigen Sie, dass „Attraktivität“ individuell beurteilt wird. Administrative Aufgaben sind nicht für jeden langweilig. Oft motivieren sich Freiwillige durch ihren wertvollen Beitrag zum Vereinserfolg, zum Beispiel durch sorgfältige Buchführung.
  • Ist das resultierende Arbeitspaket zeitlich und belastungsmässig für Freiwillige machbar? Schätzen Sie den Ressourcenbedarf realistisch ein. Um langfristig Freiwillige zu gewinnen, empfiehlt es sich, bei umfangreichen oder zeitaufwändigen Aufgaben kleinere Arbeitspakete zu bilden. Alternativ können Sie den Einsatz auf zeitlich begrenzte Projekte oder Initiativen limitieren. So erhöhen Sie die Wahrscheinlichkeit, auch beruflich oder privat stark engagierte Personen als Freiwillige zu gewinnen.

4. Ermitteln Sie den Ressourcenbedarf für die kommende(n) Periode(n)

Ordnen Sie die Aufgaben bzw. Arbeitspakete auf einer Zeitachse an. So sehen Sie, wie viele Freiwillige Sie in nächster Zeit benötigen (z. B. in den nächsten 12 Monaten). Prüfen Sie vorhandene Ressourcen und ermitteln Sie den resultierenden „Rekrutierungsbedarf“.

5. Klären Sie die für die Aufgabenerfüllung erforderlichen Kompetenzen

Qualifizierte Kandidatinnen und Kandidaten sind entscheidend für den Erfolg Ihrer Vorhaben. Vermeiden Sie es, einfach „mit dem Material zu arbeiten, das da ist“, indem Sie die nächstbesten Personen in eine Rolle drängen. Damit handeln Sie sich viel Aufwand und Ärger ein. Seien Sie kompromisslos in der Definition klarer Profile. Nehmen Sie sich Zeit, um realistische Kompetenzprofile für jede Aufgabe oder jedes Arbeitspaket zu skizzieren. Definieren Sie auch die „Killer-Qualifikationen“ – die unerlässlichen fachlichen und/oder persönlichen Kompetenzen. Dadurch entwickeln Sie ein besseres Bewusstsein für den möglichen Unterstützungsbedarf von Freiwilligen, die nicht sofort dem optimalen Profil entsprechen.

6. Erklären Sie, warum ein freiwilliges Engagement für Ihre Organisation Sinn macht

Jetzt kommt der kreative Teil des Prozesses: Warum ist es sinnvoll, sich für Ihre Organisation freiwillig zu engagieren? Die vielen guten Gründe, warum Menschen sich engagieren sollten, werden oft als selbstverständlich betrachtet oder vergessen. Zögern Sie nicht, das Offensichtliche zu benennen. Die Motivation, Freiwilligenarbeit zu leisten, liegt meist im eigentlichen Zweck Ihrer Organisation. Weitere Gründe können sich aus der Zusammenarbeit mit anderen, dem Erreichen gemeinsamer Ziele, dem persönlichen Lernen oder der Persönlichkeitsentwicklung ergeben. Besonders bei dieser Fragestellung ist eine Diskussion innerhalb einer Arbeitsgruppe hilfreich. Individuelle Gespräche mit Freiwilligen liefern oft zusätzliche Argumente. Fassen Sie die überzeugenden Gründe für ein freiwilliges Engagement in Ihrer Organisation prägnant und schriftlich zusammen. Alle, die (potenzielle) Freiwillige begeistern möchten, sollten diese Argumente parat und verinnerlicht haben.

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7. Legen Sie Ihre Suchstrategie fest

Für einen systematischen Suchprozess ist es wichtig, die definierten Anforderungen schriftlich festzuhalten. Dabei sollten die Aufgaben, erforderlichen Qualifikationen und der Zeitaufwand klar und deutlich formuliert sein. Dies schafft Klarheit für alle Beteiligten. Zudem wird vermieden, dass Freiwillige ihr Engagement frühzeitig beenden, weil sie die Aufgaben nicht bewältigen können.

Definieren Sie, wer nach geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten und auf welchem Weg dies geschieht. In der Praxis beschränkt sich die Suche oft auf das persönliche Umfeld. Je nach gesuchtem Profil werden allenfalls noch Anzeigen in der Vereinszeitschrift oder auf sozialen Medien geschaltet. Erweitern Sie die Suche und nutzen Sie verschiedene Kanäle, um die Vielfalt potenzieller Kandidatinnen und Kandidaten zu erhöhen. Sofern es ihre Statuten zulassen, weiten Sie den Rekrutierungskreis auch auf Nicht-Mitglieder aus! Besonders wirksam: Sprechen Sie potenzielle Freiwillige persönlich an! Betrauen Sie Personen in Ihrer Organisation gezielt mit der persönlichen Ansprache qualifizierter Kandidatinnen und Kandidaten.

Führen Sie den Auswahlprozess systematisch durch, idealerweise basierend auf dem 4-Augen-Prinzip. Im Zweifelsfall gilt auch hier: Es ist besser, keine Person zu rekrutieren, als eine ungeeignete auszuwählen!

8. Sorgen Sie für ein gutes „Onboarding“

Statten Sie Ihre neu eintretenden Freiwilligen mit einem umfassenden und klar definierten Informationspaket aus. Dieses sollte Auskunft über die Organisation, ihre Ziele, Werte und Struktur geben.  

Ein effektives Onboarding beinhaltet zusätzlich die Einführung in die internen Abläufe und Prozesse der Organisation. Dies umfasst Informationen über Kommunikationskanäle, Besprechungen, Berichterstattung und andere organisatorische Aspekte. Onboarding kann auch Schulungsmöglichkeiten oder Mentoring-Programme bieten, um fehlende Kompetenzen oder Kenntnisse zu erwerben.

Denken Sie daran, dass ein erfolgreiches Onboarding nicht nur für neue Freiwillige wichtig ist, sondern auch für Personen, die die Organisation bereits länger kennen. Halten Sie das Informationspaket und Schulungsangebot stets auf dem neuesten Stand. So stellen Sie sicher, dass alle Freiwilligen gut informiert und unterstützt sind.

9. Definieren Sie Ansprechpersonen

Freiwillige benötigen eine Ansprechperson, an die sie sich bei Unklarheiten wenden können. Diese Personen helfen dabei, mögliche Fragen zu klären, Unsicherheiten zu reduzieren und Konflikten vorzubeugen. Ein effizientes und gut funktionierendes Kommunikationssystem zwischen den Freiwilligen und der Organisation ist entscheidend. In der Praxis sehr bewährt hat sich beispielsweise das „Gotten-“ oder „Götti-System“: Den Freiwilligen wird eine erfahrene, mit der Organisation gut vertraute Person zur Seite gestellt. Sie fungiert als Mentor, unterstützt bei der Einarbeitung und beantwortet Fragen. Bei Bedarf leitet sie Freiwillige an die richtigen Stellen innerhalb der Organisation weiter. Das Gotten-System fördert den persönlichen Kontakt und die Beziehung zwischen den Freiwilligen und der Organisation.

In grösseren Organisationen kann es sinnvoll sein, speziell beauftragte „Freiwilligen-Koordinatoren“ zu benennen. Sie sind zentrale Ansprechpartner für die Freiwilligen, koordinieren deren Einsatz und bieten Unterstützung.  Dadurch tragen sie massgeblich zum Erfolg des Freiwilligenmanagements bei.

10. Holen Sie regelmässig Feedback ein

Bei der Einführung eines systematischen Freiwilligenmanagements werden Sie möglicherweise nicht von Anfang an alles perfekt machen. Das ist auch gar nicht erforderlich. Viel wichtiger ist es, regelmässig Feedback von Ihren Freiwilligen zu ihrem Engagement einzuholen. Dies kann in Form eines strukturierten, beispielsweise jährlichen Gesprächs mit der Gotte, dem Götti oder einem Freiwilligen-Koordinator erfolgen. Das Ziel ist es, Anpassungsbedarf frühzeitig zu erkennen, um langfristig optimale Rahmenbedingungen für die Freiwilligen zu schaffen oder beizubehalten. Diese Investition lohnt sich auf lange Sicht!

Mit diesen Praxistipps werden Sie in der Lage sein, Ihr Freiwilligenmanagement zu optimieren, Interessierte für die Freiwilligenarbeit zu finden und langfristig an Ihre Organisation zu binden.

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